Der Eisvogel (Alcedo atthis)

Der Eisvogel (Alcedo atthis)

Dezember 27, 2020 Aus Von mfsimba

Der Eisvogel (Alcedo atthis) gehört zur Familie der Eisvögel (Alcedinidae) und zur Ordnung der Rackenvögel (Coraciiformes). Die meisten der 90 Eisvogelarten brüten in den Tropen der Alten Welt.


Der bunt schillernde Eisvogel ist unverwechselbar. Er ist etwas größer als ein Sperling, wirkt gedrungen, ist auffallend kurzschwänzig und besitzt einen geraden kräftigen Schnabel. Je nach Lichteinfall wirkt die Oberseite seines Gefieders kobaltblau bis türkisfarben, wodurch er mit der Farbe des Wassers verschmilzt und perfekt getarnt ist. Die Unterseite ist orangebraun und lässt ihn auf einem Baum sitzend unauffällig erscheinen. Seine weißen Halsseitenflecke sind auch aus größerer Distanz noch leicht zu erkennen. Am ehesten wird man auf ihn aber durch seinen durchdringenden, hohen Ruf aufmerksam, den er beim schnellen und gradliniegen Flug direkt über der Wasserfläche ausstößt.

Neben dem durchdringenden, hohen und pfeifenden Ruf, besteht sein rhythmisch variabler Gesang aus verschiedenen weiteren Rufen. Dazu zählt ein kurzes tji als Lockruf, ein schärfer und gedehnter klingendes tjii bei Erregung und ein raues khrit-rit-rit. Seine Beute bezieht der Eisvogel ausschließlich aus bzw. an Gewässern. Mit seinem großen dolchartigen Schnabel erbeutet er hauptsächlich kleine Süßwasserfische, indem er kopfüber und wie ein Pfeil die Wasseroberfläche durchstößt. Außerdem frisst er Insekten, kleine Frösche und Kaulquappen. Zeitweise erweitert er sein Nahrungsspektrum auch mit Molchen, kleine Krebsen und Mollusken.

Die Jagdmethode des Eisvogels ist das Stoßtauchen: Von einer passenden Sitzwarte über dem Wasser oder nahe am Wasser wird der Stoß angesetzt. Wenn er eine mögliche Beute entdeckt, dann stürzt er sich schräg nach vorn-unten kopfüber ins Wasser und beschleunigt dabei meist mit kurzen Flügelschlägen. Die Augen bleiben beim Eintauchen offen und werden durch das Vorziehen der Nickhaut geschützt. Ist die Wasseroberfläche erreicht, wird der Körper gestreckt und die Flügel werden eng angelegt oder nach oben ausgestreckt.

Bereits kurz vor dem Ergreifen der Beute wird unter Wasser mit ausgebreiteten Flügeln und Beinen gebremst. Zur Wasseroberfläche steigt er zuerst mit dem Nacken auf, wobei er den Kopf an die Brust gepresst hält. Schließlich wird der Schnabel mit einem Ruck aus dem Wasser gerissen und der Vogel startet entweder sofort oder nach einer kurzen Ruhepause zum Rückflug auf die Sitzwarte. Im Allgemeinen dauert ein Versuch nicht länger als zwei bis drei Sekunden. Wenn ein geeigneter Ansitz fehlt, kann der Eisvogel aber auch aus einem kurzen Rüttelflug tauchen. Nicht jeder Tauchgang ist erfolgreich, er stößt des Öfteren daneben.

Der Eisvogel brütet an langsam fließenden oder stehenden Gewässern mit reichem Angebot an Kleinfischen und Sitzwarten. Das Areal des Eisvogels reicht von West-Europa nach Osten bis Sachalin und Japan, nach Süden bis Indien, Taiwan und in Inselformen bis Melanesien, sowie im Norden bis zum 60. Breitengrad. Die Unterart Alcedo atthis ispida ist ohne echte Schwerpunkte über ganz Europa verbreitet. Die mitteleuropäische Verbreitung ist lückenhaft und reicht von der Tiefebene bis in Mittelgebirgslagen.

Strenge Winter zählen zu den natürlichen Faktoren, die bei den Eisvögeln größere Bestandsschwankungen verursachen. Der Ausbau und Kanalisierungen von Fließgewässern, zunehmender Nährstoffeintrag (Eutrophierung) und Gewässerverschmutzungen wirken sich jedoch nachhaltiger auf sein Vorkommen aus. Wasserbauliche Maßnahmen haben in der Vergangenheit bereits in großem Umfang zum Verlust von natürlichen Steilufern geführt, auf die der Eisvogel zum Anlegen seiner Brutröhre angewiesen ist. Hier hat ein Umdenken eingesetzt, doch noch immer gehen Brutplätze durch Verbauung natürlicher Ufer verloren.

Früher wurde der Eisvogel von Binnenfischern stark bejagt. Im 19. Jahrhundert etwa galten die Federn als begehrter Schmuck für Damenhüte. Auch zur Herstellung von künstlichen Fliegen für Angler wurden tausende Vögel getötet. Heute ist er durch die Vernichtung seines Lebensraums bedrängt, da fast alle europäischen Flüsse und auch Bäche in der Vergangenheit ausgebaut oder reguliert, die Tümpel zugeschüttet und die Feuchtgebiete trockengelegt wurden. Durch diese Maßnahmen hat sich das Nahrungsangebot sowie die Zahl der Ansitze und ruhigen Buchten verringert. Zudem verhindern abgeschrägte, befestigte Böschungen die Entstehung von Uferabbrüchen. Vereinzelte Renaturierung hat daran nichts Wesentliches geändert. Auch verschmutztes und saures Wasser entzieht dem Eisvogel die Nahrungsgrundlage.

Die zur Beseitigung des Brutplatzmangels vom Menschen geschaffenen künstlichen Steilwände, teilweise auch mit künstlichen Bruthöhlen, wurden erfolgreich angenommen. Der Erhalt naturnaher, von künstlichen Eingriffen unabhängiger Fluss- und Bachlandschaften stellt das wichtigste Kriterium für den Schutz des Eisvogels dar, so dass er bei Naturschutzorganisationen als Flaggschiffart für die weniger bekannten Arten dieses Lebensraums steht.


Fotos: Mirko Fuchs