Der Rothirsch im Winter
Im Winter ist der Rothirsch notgedrungen auf Diät
Sobald die Temperaturen sinken, ist für Rothirsche Ruhe angesagt. Aktivität verbraucht Energie in Form von Kalorien, doch der Hirsch – ein Pflanzenfresser – findet im Winter nur wenig bis gar nichts zu futtern. Die Tiere scharren, oft bei geschlossener Schneedecke, die letzten Baumfrüchte aus dem harten, gefrorenen Boden oder schälen – sehr zum Ärger der Forstleute – die Rinde von den Stämmen der Bäume.
Der Vegetarier muss im Winter mit seinen Kräften haushalten. Jede Art von Aktivität kostet ihn Energie! Nicht eine einzige Kalorie darf sinnlos verschwendet werden. Gut, dass die Natur den Rothirsch an das kalte Leben da draußen angepasst hat. Das Wildtier hat im Laufe der Evolution die unterschiedlichsten Strategien entwickelt, um harte Zeiten zu durchstehen.
Im Winter darf nicht eine Kalorie sinnlos verschwendet werden
Eine seiner zahlreichen Strategien: Der Magen fasst jetzt nur noch halb so viel Nahrung wie im Sommer. “Dadurch verbrauchen die Wildtiere automatisch weniger Brennstoff, um ihre Körperfunktionen aufrecht zu erhalten,“ erklärt Dr. Andreas Kinser, Jagd- und Forstreferent der Deutschen Wildtier Stiftung. Aber nicht nur karge Schonkost rettet ihn – damit die Not nach langanhaltender Kälteperiode nicht lebensbedrohlich wird, ist der Rothirsch auch ein aktiver Energiesparer. Rothirsche „drehen“ ihre Körperheizung auf Sparflamme. Das ist der Grund, warum die Tiere gerade im Winter häufig regungslos in der Landschaft stehen: Wer nichts tut, verbrennt auch keine Kalorien!
Der Stoffwechsel wird nahezu gen Null runtergefahren
Der bis zu 200 Kilogramm schwere Pflanzenfresser fällt im Winter in eine Art Stoffwechselruhe. Er reduziert seine Körpertemperatur und den Herzschlag von etwa 70 auf rund 40 Schläge in der Minute. Auch die Atmung und der Puls werden deutlich langsamer. Der größte „Energiespar-Clou“ des Diätkünstlers geht noch einen Schritt weiter: Seine inneren Organe – Leber, Niere, Verdauungstrakt und sogar sein Herz – schrumpfen. Der Hirsch befindet sich im “Ausnahmezustand” – und braucht jetzt seine Ruhe!
Gönnen Sie dem Rothirsch seine Auszeit
Spaziergänger sollten dem Tier die überlebenswichtige Auszeit gönnen und den Energiesparer möglichst nicht aufscheuchen! Hundehalter, Reiter, Mountainbiker, Schlitten- oder Skifahrer müssen auf offiziellen Wegen bleiben und sollten nicht in der Dämmerung unterwegs sein. Ist der Rothirsch gezwungen für die Flucht seinen Stoffwechsel hochzufahren, muss er hinterher fressen, um die Energiereserven wieder aufzufüllen – und die Winterlandschaft hat nicht viel zu bieten.
Und gerade die “Abwurfstangensucher” laufen jeden einzelnen Quadratmeter bei der Suche ab und schrecken das Wild unnötig auf. Meine Rotwildaufnahmen im Winter sind zufällige Begegnungen auf Wegen, wenn das Wild wechselt. Die Stangensucher sind aber gerade im Unterholz und den Dickungen auf den Wechseln direkt unterwegs.
DAS TREIB.- UND DRÜCKJAGDEN GERADE IM WINTER BZW. ALLGEMEIN SCHEIßE SIND, DAS MUSS MAN WOHL NICHT EXTRA ERWÄHNEN!!!
Was für den Rothirsch zunächst ein Verlust ist, bringt vielen anderen Wildtieren einen Gewinn. Mäuse, Eichhörnchen und Füchse knabbern an dem Geweihknochen, um an die wertvollen Mineralien wie Kalzium, Magnesium und Phosphor sowie Spurenelemente wie Eisen zu gelangen. Nicht nur Nager haben Hirschgeweihe zum Fressen gern. Die durch die Zersetzung der Abwurfstangen frei werdenden Mineralstoffe sind typische Bestandteile zur Bodendüngung und damit ein kleiner aber wertvoller Stein im Baukasten der Natur.
In dem immerwährenden Kreislauf von Werden und Vergehen bekommt auch der Rothirsch seine „Krone“ zurück. Schon bald nach dem Abwurf beginnt der Knochen erneut zu wachsen. Was sich jetzt in nur 140 Tagen abspielt, verblüfft bis heute die Wissenschaftler: Der Rothirsch bildet in kürzester Zeit so viel Knochenmasse, dass bis zum Spätsommer ein komplett neues Geweih gewachsen ist.
Fotos: M. Fuchs