Der Waschbär (Procyon lotor)

Der Waschbär (Procyon lotor)

Dezember 8, 2019 Aus Von mfsimba

Eingebürgerter Nachbar auf dem Vormarsch

Der Waschbär, auch als Nordamerikanischer Waschbär bezeichnet, ist ein in Nordamerika heimisches mittelgroßes Säugetier. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist er als Neozoon auch auf dem europäischen Festland, im Kaukasus und in Japan vertreten, nachdem er dort aus Gehegen entkommen ist oder ausgesetzt wurde. Waschbären sind überwiegend nachtaktive Raubtiere und leben bevorzugt in gewässerreichen Laub- und Mischwäldern. Aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit leben sie zunehmend auch in Bergwäldern, Salzwiesen und urbanen Gebieten.

Der anpassungsfähige Neubürger polarisiert: Während die einen ihn ausgerottet sähen, plädieren andere für eine friedliche Koexistenz. Doch der große Sündenbock, zu dem er oft gemacht wird, ist er wohl nicht, denn wie so oft ist die Wahrheit vielschichtiger.

In der Dämmerung kommen die Waschbären aus ihren Tagesverstecken in Baumhöhlen, alten Fuchsbauten und menschlichen Behausungen hervor. Gut zu erkennen sind sie an der gräulichen Fellfärbung, dem geringelten Schwanz, der schwarzen Gesichtsmaske sowie der buckeligen Körperhaltung beim Laufen. Der Waschbär macht sich auf die Suche nach Nahrung. Was seinen Speiseplan angeht ist der zur Familie der Kleinbären zählende Waschbär nicht wählerisch. Er jagt gerne an Gewässern und erbeutet dort kleine Fische, Krebse und Frösche. Dabei tastet er oftmals mit den Vorderpfoten unter Wasser nach Beutetieren. An Land können auch schon mal Vögel, Echsen, Salamander und Mäuse zu seiner Nahrung zählen. Verschmäht wird aber auch pflanzliche Nahrung nicht, so frisst er beispielsweise auch Obst und Nüsse. Während es im Wald, dem ursprünglichen Lebensraum des Waschbären, Zeiten gibt in denen das Nahrungsangebot knapp ist, findet er in menschlicher Nähe oftmals einen reich gedeckten Tisch. Essensreste im Müll und auf dem Kompost, Fallobst und gefüllte Futternäpfe für Haustiere kommen für den Waschbären einer Einladung gleich. Als anpassungs- und lernfähiges Tier hat er somit in Parks und Grünanlagen keine Probleme mit dem Überleben.

Als Pelzlieferant wurde der Waschbär in den 1920/30er Jahren aus Nordamerika zu uns gebracht und fristete sein Dasein in den Folgejahren hauptsächlich in Pelzfarmen. Mit dem Ziel ihn bei uns anzusiedeln wurde der Waschbär 1934 in Hessen erstmals bewusst ausgesetzt. Stand der Waschbär in den Folgejahren seiner Ansiedlung noch unter Naturschutz, nahm Hessen den Kleinbären als erstes Bundesland in das Jagdrecht auf. Heute fällt er in fast allen Bundesländern unter das Jagdrecht. Der Umgang mit dem Waschbären als „Neubürger“ in Deutschland wird kontrovers diskutiert.

Während die einen seine Wiederausrottung und somit eine vehemente Bejagung fordern, sind andere der Auffassung, dass der Waschbär mittlerweile zu unserer heimischen Tierwelt dazugehört und somit das Recht auf eine friedliche Existenz hat. Populationsökologisch hat sich auch gezeigt, dass Bejagung oder Fang mit dem Ziel, die Populationsdichte zu reduzieren, zumeist ohne Erfolg bleibt: Waschbären können Populationsverluste durch eine vermehrte Fortpflanzungsrate ausgleichen, auch würden bei einer „Entnahme“ neue Tiere aus den umliegenden Gebieten in den dann unbesetzten Lebensraum nachrücken.

In einigen Regionen Deutschlands wie beispielsweise im Großraum Kassel weist der Waschbär hohe Bestandsdichten auf. Hört man es nachts mal wieder rumpeln und klappern auf dem Dachboden kann dies durchaus darauf hinweisen, dass der in menschlichen Siedlungen teils unerbetene Gast den Eingang ins eigene Haus gefunden hat.

Um dem Besucher den Zugang und Aufenthalt im eigenen Heim nicht allzu leicht zu machen, sollten folgende Hinweise beachtet werden:

  • Schneiden Sie Bäume und Sträucher, die an oder über das Dach reichen, großzügig zurück
  • Bringen Sie glatte Blechmanschetten (1 m hoch, 1 m breit) über den Fallrohren der Regenrinne an
  • Lassen Sie ein starkes Metallgitter auf dem Schornstein anbringen
  • Verschließen Sie mögliche Einstiege konsequent und mit soliden Baumaterialien
  • Verschließen Sie nachts die Katzenklappe

Damit es gar nicht erst soweit kommt, dass der Waschbär bei Ihnen im Garten zum Dauergast wird, können folgende Tipps weiterhelfen:

  • Bewahren Sie Mülltonnen und Abfälle unzugänglich auf oder sichern Sie Behältnisse mit starken Spanngummis. Stellen Sie die Mülltonnen nach Möglichkeit mindestens einen halben Meter von Zäunen, Mauern und Zweigen entfernt auf
  • Gelbe Säcke sollten erst am Tag der Abholung morgens vor die Tür gestellt oder in verschließbaren Boxen aufbewahrt werden
  • Werfen Sie Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Brot und Obst nicht auf den Kompost, Garten- und Gemüsereste sind hingegen unproblematisch
  • Hinterlassen Sie keine Nahrungsreste in öffentlichen Papierkörben
  • Futter für Haustiere nicht über Nacht im Garten oder auf der Terrasse belassen

Waschbären bekämpfen: Nicht alle Methoden sind erlaubt

Keinesfalls sollten Sie einen Hund auf den Waschbären hetzen. Sie verstoßen damit einerseits gegen das Tierschutzgesetz, andererseits können derartige Auseinandersetzungen tödlich für den Hund – und nicht etwa für den Waschbären – ausgehen.

Gesetzlich verboten ist es auch, Waschbären mit einer Lebendfalle zu fangen und an anderer Stelle wieder auszusetzen. Sollten Sie also ein Exemplar gefangen haben, müssen Sie es direkt vor dem Haus wieder in die Freiheit entlassen. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, denn ein gefangener und in die Enge getriebener Waschbär kann unter Umständen sehr aggressiv werden. Sie sind aber normalerweise nicht aggressiv und gehen einer Auseinandersetzung aus dem Weg, aber wenn sie sich angegriffen fühlen, können sie mit ihrem Gebiss extrem schmerzhafte Wunden verursachen.

Aber Achtung!
Gibt ein Waschbär laute Knurr- oder Kreischlaute von sich, sollten Sie sich lieber von dem Tier entfernen: Es verdeutlicht dadurch seine schlechte Laune.

Wer ohne Fangerlaubnis eine sofort tödlich wirkende Falle einsetzt, die Mutter eines Wurfes junger Welpen so umbringt oder an anderer Stelle aussetzt, macht sich übrigens wegen Wilderei und Tierquälerei strafbar. Wie genau die gesetzlichen Regelungen bezüglich Jagd und Vertreibung von Waschbären lauten, können Sie im Bundesjagdgesetz nachlesen.

In Deutschland wird die Ausbreitung des Waschbären stark diskutiert. So fordert der Deutsche Jagdverband (DJV) verschärfte Maßnahmen, um die Auflagen der EU-Kommission zu erfüllen. Dazu zähle “keine Verbote in Siedlungs- und Schutzgebieten und ganzjährige Jagdzeit.” Jetzt hat sich auch noch die Politik auf den Klein-Petz eingeschossen. Die schwarz-grünen Regierungskoalitionäre hier in Hessen beispielsweise wollen künftig auch keine Gnade mehr walten lassen.

Im Koalitionsvertrag von CDU und Grünen wird das Schicksal zigtausender junger Waschbären besiegelt. Die dürfen, anders als in der vorangegangenen Legislaturperiode, künftig wieder ohne zeitliche Begrenzung bejagt werden. Damit hat sich auch der Elternschutz während der Aufzucht der Jungen erledigt. Denn: Wenn der Nachwuchs ohne Einschränkungen abgeknallt werden darf, muss man ja auch auf die Eltern keine Rücksicht nehmen, die ja dann keine mehr sind. So einfach ist das.

Die Streckenliste für das Jagdjahr 2017/2018 zeigt ein Dokument des Schreckens. Es weist 171.500 erlegte Waschbären aus, was einem Anstieg um 28 Prozent entspricht. Das bedeutet: 37.500 Waschbären mehr als in der Saison zuvor sind über die sprichwörtliche Klinge gesprungen. Die Zahlen sollen suggerieren, dass sich die Tiere explosionsartig vermehrt hätten, was das Abschussergebnis aber so nicht hergibt. Die Jäger haben lediglich exzessiver draufgehalten als sonst. Und sind trotzdem nicht in der Lage, die Ausbreitung dieser Tiere einzudämmen. Mit jagdlichen Mitteln, mit Schrot, Blei und Fallen, lässt sich das nicht bewerkstelligen. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass viele Tierarten, die sich einer intensiven Bejagung ausgesetzt sehen, die Verluste durch eine höhere Geburtenrate ausgleichen. Insofern ist die Jagd auch auf Waschbären völlig kontraproduktiv.

Der Naturschutzbund Deutschland e.V. (Nabu) plädiert stattdessen dafür, die Lebensräume der vom Waschbären bedrohten Tiere entsprechend zu sichern und zu schützen und dadurch dem Eindringling die Ausbreitung zu erschweren. “Insbesondere für kleinere Säugetiere, Amphibien und Vögel sollten geeignete Lebensräume zur Verfügung gestellt werden und durch Hecken oder alte Baumbestände Verstecke sowie ein größeres Nahrungsangebot geschaffen werden”, heißt es seitens des Nabus.

Grundsätzlich gilt: Durch umsichtiges Verhalten ist ein friedliches Neben- und Miteinander von Mensch und Waschbär möglich.

Der Waschbär hat in Deutschland genauso ein Daseinsberechtigung wie jedes andere Lebewesen auch.

Und zum Schluss noch ein kurzes Video zu 10 Fakten über den Waschbären:


Quellen: NABU
Fotos: pixabay