Die Waschbärin Elli

Die Waschbärin Elli

Juli 13, 2021 Aus Von sfsimba
Hallo ihr Menschen,
mein Name ist Elli, ich bin eine Waschbärin und wohne mitten unter euch.
Viele Menschen mögen uns Waschbären nicht, daher möchte ich euch meine Geschichte erzählen und über einige Dinge aufklären.

Mein eigentliches Heimatland ist Nordamerika. Wegen unserem schönen Fell, wurden wir Waschbären aber u.a. nach Deutschland auf Pelzfarmen gebracht, gefangen gehalten, gequält und bestialisch abgeschlachtet. Nach vielen Jahren wurden einige von uns Waschbären befreit, einige konnten entkommen und sogar Pärchen von uns zur Ansiedelung ausgesetzt. Irgendwann war der Mensch der Meinung, dass wir uns zuviel vermehren, also beschlossen sie, uns einfach zu töten. Invasive Art nennt ihr uns, wie unschön das klingt, dabei sind wir doch auch ein Teil der Schöpfung, wie der Mensch und jede Pflanze auch. Wir haben eine Seele, Gefühle, empfinden Angst, Schmerz, Freude und auch Trauer.

Warum liebt ihr Menschen eure Haustiere eigentlich mehr als uns Wildtiere? Wo liegt da der Unterschied? Auf der einen Seite findet ihr uns süß und lustig, ein Bärchen mit der schwarzen Zorro-Maske und gestreiften Ringelschwänzchen, auf der anderen Seite aber wollt ihr uns nicht auf eurem Stück Land, Haus und Hof haben. Wir haben es uns nicht ausgesucht in einem Land zu sein wo es eigentlich keine Nahrung und Lebensraum für uns gibt. Wir haben kein Herrchen das uns täglich das Futter hinstellt wie bei euren Hunden, Katzen und anderen Lieblingstieren, wir müssen sehen wie wir klar kommen und immer auf Nahrungssuche gehen, was hier aber nicht so leicht ist wie in unserem Heimatland. Wir sind gezwungen bei euch Menschen nach Essen zu stöbern, finden dann aber meistens nur Reste von Nahrungsmittel in euren Abfalltonnen oder Komposthaufen. Es macht uns nicht wirklich Spaß in stinkenden Abfällen zu wühlen, denn wir sind sehr reinliche Tiere. Wir legen sogar Latrinen (Toiletten) an, um immer an der selben Stelle unser „Geschäft“ zu erledigen. Auch spielt dieser Ort oft eine wichtige Rolle, um uns mit den Artgenossen zu verständigen.
Wenn wir natürlich dann mal einen Obstbaum entdecken, da ist die Freude groß, für uns das Paradies, endlich mal ein Essen, was wir mögen und nicht immer Abfall und den verschimmelten Ausschuss der Menschen. Wie kann man uns denn dann böse sein??? Wir haben doch auch Hunger und wollen überleben. Es wird zwar immer behauptet, wir wären Allesfresser, was aber nicht stimmt. Was bleibt uns denn anderes übrig, als das zu essen, was wir finden. Aus Hunger!
Teilweise müssen wir 20 km laufen um Nahrung zu finden. Dadurch verlieren viele von uns schon ihr Leben, weil wir Straßen überqueren müssen.
Natürlich ist das vielleicht hier und da für den Menschen ärgerlich, wenn wir z.B. den Kirsch- oder Pflaumenbaum plündern, aber deshalb gleich den Jäger rufen?, uns dann fangen und brutal umbringen? Damit macht sich doch der Mensch mitschuldig am Morden unschuldiger Mitgeschöpfe.
Mittlerweile gehören auch wir zur heimischen Tierwelt, haben es gelernt uns anzupassen und sind trotzdem immer auf der Flucht vor euch Menschen, die versuchen uns auszurotten. Warum heißen wir eigentlich Waschbären?, ganz einfach, wenn wir nach Nahrung im Wasser tasten, dann sieht es so aus, als würden wir unsere Pfoten, oder die Nahrung die wir finden, waschen. Wir haben einen extrem empfindlichen Tastsinn und können die noch so kleinsten Gegenstände erfühlen. Außerdem haben wir einen sehr guten Geruchssinn und können sogar die Regenwürmer in der Erde hören.
Wir Waschbären sind keine Jäger!, sondern ausdauernde Sammler.
Wir plündern auch bewusst keine Nester, wie gerne behauptet wird.
Auf unserem Speiseplan stehen zu um die 50% wirbellose Tiere wie Regenwürmer, Insekten, Schnecken. Über 30% besteht unsere Nahrung aus pflanzlichen Leckerbissen wie Obst, Nüsse, Eicheln, Bucheckern, Getreide. Vögel und kleinere Säugetiere fressen wir nur bei Gelegenheit, und das wirklich in sehr geringen Mengen.
Wenn ihr uns lasst, dann fressen wir auch die Mäuse die euch evtl. ärgern und befreien euch auch von der Schneckenplage in eurem Garten.
Wenn Katzen und Eichhörnchen Vogelnester plündern, dann ärgert man sich nur, aber wehe ein Mensch erwischt uns einmal dabei, dann sprudelt der Hass über.

Wir werden nicht viel größer als eine ausgewachsene Katze und wiegen nur zwischen 5 und 6 kg, im Winter wird es etwas mehr bis das Doppelte, weil wir uns Winterspeck anfuttern müssen und wie die Eichhörnchen Winterruhe halten.
Am liebsten mögen wir dichte Wälder mit vielen Laubbäumen, am besten hohe alte Bäume, wo wir uns sicher fühlen, Plätze wo wir genug Nahrung finden, Gewässer in denen wir fischen, und Orte wo wir unseren Nachwuchs groß ziehen können. Klettern macht uns großen Spaß, und spielen tun wir auch sehr gerne. Außerdem sind wir sehr intelligente Tiere, können uns so allerlei merken.
Natürlich haben wir auch natürliche Feinde, auch da wird gerne das Gegenteil behauptet, gerade unser Nachwuchs ist vor Fuchs, Uhu, Adler, Marder nicht sicher, und allg. die größeren Raubtiere wie Wolf und Luchs sind unsere Feinde.
Von Januar bis März ist Paarungszeit, die Tragzeit beträgt 65 Tage und meistens im April bekommen wir unseren Nachwuchs. Meistens sind es zwischen 2 und 4 Jungen.
Wenn wir Waschbären-Mamas in der Aufzucht nicht genug Nahrung finden, dann haben wir nicht genug Milch um unsere Jungen zu säugen, und unsere Babys sterben noch in den ersten Lebenswochen. Wir müssen oft viele Kilometer für Futter laufen, unsere Babys alleine lassen, den Gefahren wie Mensch und Tier aussetzen, denn wir sind alleinerziehend. Anders wie beim Fuchs oder den Wölfen, bringen wir Waschbär-Mamas unserem Nachwuchs niemals Nahrung und müssen sie deshalb ca. 4 Monate säugen, bis sie dann selbstständig, von uns Mama Waschbär geführt, auf Nahrungssuche gehen können und geeignete Schlafplätze finden.
Ab dem Herbst müssen sie dann ihren eigenen Weg gehen und sich ein geeignetes Winterquartier suchen. Oft bleibt nicht genug Zeit und Nahrung um Winterspeck anzufuttern, und dann sterben unsere Kinder, bevor sie das erste Lebensjahr erreichen.
Also von einer großen Vermehrung kann man da nicht sprechen.
Im Zoo und Wildparks können wir um die 15 Jahre alt werden, in freier Wildbahn leben wir im Durchschnitt nur 3 Jahre. Straßen, größere Beutegreifer, Krankheiten sind unsere Feinde, doch der größte Feind ist der Mensch.
Ein Beispiel, im Herbst müssen wir uns ein Winterquartier suchen, was nicht wirklich einfach ist. Da wir zu den Tieren gehören, die etwa in 10 Meter Höhe die geeignete Wohnung suchen, bietet sich meistens bei den Menschen einen sicherer und trockener Platz auf dem Dachboden an.
Aber ihr Menschen wollt uns da nicht haben, ihr sucht dann den einfachsten Weg, um uns los zu werden und ruft den Jäger. Ihr stellt eine Lebendfalle auf, und es wird oft behauptet, dass wir im Wald wieder frei gelassen werden, und das ist eine Lüge.
Laut Gesetz ist es auch überhaupt nicht erlaubt. Sind wir einmal gefangen, haben wir Todesängste, versuchen uns krampfhaft zu befreien, verletzen uns dabei ernsthaft und können durch den Stress an Herzversagen sterben. Einmal in der Falle, dann gibt es kein zurück. Der Jäger erschiesst uns ohne Gewissen direkt in der Falle. Auch unsere Babys werden oft gefangen und auf brutalste Weise ermordet.
Und wenn Waschbärenmütter ums Leben kommen bevor ihr Nachwuchs selbstständig ist, dann werden die Kleinen qualvoll verhungern.

Wenn ihr uns absolut nicht auf eurem Grundstück, Haus und Wohnung duldet, dann braucht ihr doch nur auf folgende Dinge zu achten:

• Die Mülltonnen einfach mit starken Spanngummis verschließen und etwa einen halben Meter von anderen Tonnen, Mauern und Zäune wegstellen
• Gelbe Säcke erst am Abholungstag rausstellen
• Keine Nahrungsreste auf den Kompost werfen
• Futter für Haustiere nicht über Nacht draußen stehen lassen
• Bäume und Sträucher die ans Dach reichen, großzügig zurück schneiden
• Man kann Blechmanschetten an den Fallrohren der Regenrinne anbringen
• Metallgitter auf dem Schornstein anbringen
• Eventuelle Einstiege und Katzenklappe konsequent verschließen

Durch dieses umsichtige Verhalten müsste doch ein friedliches Neben -und Miteinander zwischen Waschbär und Mensch möglich sein.

Bei der Nahrungssuche könnte vielleicht auch mal ein Blumentopf zu Bruch gehen, etwas bei euch im Garten umfallen oder auch mal eine ausgeräumte Mülltonne vorkommen, es ist aber keine Absicht, wir sind keine bewussten Randalierer. Sowas kommt nur in der Welt des Menschen vor, nicht aber in der Tierwelt.


„Das Leben aller Lebewesen, seien sie nun Menschen, Tiere oder Pflanzen ist kostbar, und alle haben dasselbe Recht, glücklich zu sein. Alles, was unseren Planeten bevölkert, die Vögel und die wilden Tiere sind unsere Gefährten. Sie sind Teil unserer Welt, wir teilen sie mit ihnen.
(Dalai Lama)


Text: Susanne Fuchs
Fotos: Mirko Fuchs