Hobbyjäger lügen wie gedruckt

Hobbyjäger lügen wie gedruckt

April 10, 2023 Aus Von mfsimba

Seit Jahren bemüht sich der Landesjagdverband Baden-Württemberg um eine weitere Verkürzung der Schonzeit für Füchse.

Das Scheinargument: Gerade die Jagd während der Paarungszeit der Rotfüchse sei eine wirksame Schutzmassnahme für bedrohte Tierarten wie Rebhuhn, Auerhahn, Feldhase u.a.

Der Wildtierschutz Deutschland hat hat sich die Pressemitteilung des Lobbyverbands vorgenommen und deckt folgendes Blendwerk auf:

Behauptung des Landesjagdverbandes: “Durch die Vorverlegung der Schonzeit für Füchse von Ende auf Mitte Februar im Jahr 2020 hat das Land den Jägern eine der effektivsten Schutzmaßnahmen bedrohter Arten genommen.”

Fakt ist, dass die Jägerschaft in den Jahren vor der um zwei Wochen im Februar verkürzten Jagdzeit in Sachen Artenschutz nichts auf die Reihe gebracht hat. Zwischen 2015 und 2020 weist die Jagdstatistik nicht ein einziges Rebhuhn aus, nicht einmal sogenanntes Fallwild, also Tiere die eines natürlichen Todes oder im Zuge eines Unfalls verstorben sind. In Baden-Württemberg gibt es also kaum noch ein Jagdrevier, in dem Rebhühner überhaupt vorkommen. Das bestätigt auch der Wildtierbericht 2021 des Landes. Demnach gab es schon 2019 Rebhuhnvorkommen nur noch in etwa 4,5 Prozent der Jagdreviere.

In der Zeit vor 2015 gab es in Baden-Württemberg überhaupt keine Schonzeit für Füchse. Nicht einmal ohne Schonzeit ist es der Jägerschaft gelungen, den Bestand z.B. der Rebhühner im Land auf ein stabiles Niveau zu hieven. Zwischen 2004 und 2015 schwankte die Anzahl der erlegten oder tot aufgefundenen Rebhühner im 35.751 Quadratkilometer großen Baden-Württemberg zwischen 27 (2011) und 117 (2005). Im gleichen Zeitraum wurden “als Schutzmaßnahme für Rebhuhn & Co.” über 760.000 Füchse erschossen. Die Zahl der in der Jagdstatistik ausgewiesenen Feldhasen ist in der gleichen Zeit übrigens von 13.473 auf 8.085, also um 40 Prozent zurückgegangen. Leichte Schwankungen innerhalb des Zeitraums sind allein auf Wettereinflüsse im Frühjahr zurückzuführen.

Behauptung des Landesjagdverbandes: “Wenn Füchse vor allem im Februar reguliert werden, werden die bejagten Fuchsreviere zur bevorstehenden Brutzeit der zu schützenden Arten nicht neu besetzt.”

Fakt ist, dass gerade während der Paarungs- und kurz vor der Welpenzeit der soziale Druck in den Fuchsgruppen ansteigt, so dass es genau in dieser Phase oft noch zu regelrechten Abwanderungswellen von Jungfüchsen (aus dem Vorjahr) kommt.

Behauptung des Landesjagdverbandes: “Hohe Aufwendungen zur Erhaltung des Lebensraums von Bodenbrütern und Niederwild in Kombination mit einem Anstieg der Prädatorenpopulation wie dem Fuchs, sind ein Widerspruch.”

Fakt istdass es zumindest in den letzten 25 Jahren keinen Anstieg der Zahl der Füchse in Baden-Württemberg gab: Es ist vielmehr ein Rückgang der Fuchsbestände festzustellen. Während zu Beginn der 2000er Jahre noch jedes Jahr um die 80.000 Füchse niedergestreckt wurden, weisen die Jagdstrecken in Baden-Württemberg in den letzten 10 Jahren noch etwa 50.000 Füchse aus. Eine aktuelle Erhebung von Reichholf (2022) zu jagdunabhängig bei Verkehrsunfällen umgekommenen Füchsen belegt diese Tendenz. Auf die Einführung einer Schonzeit für Füchse in Baden-Württemberg (2015) dürfte allenfalls ein kleiner Teil des Rückgangs der Jagdstrecke zurückzuführen sein. Von einem Anstieg der Prädatorenpopulation wie dem Fuchs kann also überhaupt keine Rede sein.

Beutegreifer wie Fuchs, Marder, Habicht oder Uhu sind nicht verantwortlich für den Rückgang von Bodenbrütern und Niederwild, sondern die Ursachen sind Lebensraumverlust, Überdüngung, Pestizideinsatz, Insektensterben, Rückgang der Pflanzenartenvielfalt, Straßenverkehr etc. Die Bejagung von Prädatoren hat allenfalls einen geringen Einfluss auf die Reproduktion von Bodenbrütern.

Selbst im Leuchtturm-Projekt der Jägerschaft im Bremer Blockland in den Feuchtwiesengebieten Norddeutschlands änderte sich die Reproduktionsrate der Wiesenvögel nach Einführung der intensiven Prädatorenbejagung nicht. Der finanzielle und zeitliche Aufwand zur Bekämpfung von Beutegreifern sollte daher eingespart und die Mittel in die Verbesserung der Lebensräume investiert werden.

Behauptung des Landesjagdverbandes: “Die Bejagung von Beutegreifern in unserer heutigen Kulturlandschaft ist für deren Arterhaltung (na, die meinen wohl ihr Niederwild) essenziell.”

Fakt ist, dass auch durch Wiederholung solcher Unfug nicht richtig wird. Grund für die problematische Situation bedrohter Arten ist nicht der Fuchs, sondern die Zerstörung von Lebensräumen und Nahrungsgrundlagen der betreffenden Arten. Die Jagd auf Füchse und andere Beutegreifer bleibt – wie oben aufgezeigt – in aller Regel ohne Effekt, weil steigende Geburtenraten sowie Einwanderung aus Nachbarrevieren die Verluste wieder ausgleichen. Der Einfluss der Jagd auf die Reproduktion von Bodenbrütern ist jedenfalls gering .

Managementmaßnahmen für Rebhuhn und Kiebitz funktionieren auch ohne jagdliche Eingriffe. Erforderlich für den mittelfristigen Erhalt gefährdeter Arten wäre ohnehin die Stilllegung und Renaturierung von etwa 7 bis 10 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche. Anderenfalls werden wohl die meisten von uns das Aussterben weiterer heimischer Arten erleben.

Behauptung des Landesjagdverbandes: “Ohne Bejagung würde sich der Fuchsbestand im Fall einer Selbstregulation durch Seuchen und Krankheiten, die bei zu dichten Populationen üblich sind, reduzieren.”

Fakt ist, dass es gerade in intensiv bejagten Revieren in Baden-Württemberg unter Füchsen immer wieder zu Krankheiten wie Räude oder Staupe kommt. Grund dafür ist, dass freiwerdende Fuchsreviere eine regelrechte Sogwirkung auf revierlose Füchse besitzen. Es begeben sich mehr Tiere auf längere Wanderungen – und diese Migrationsbewegungen sind maßgeblich für die Ausbreitung von Krankheiten verantwortlich. Das allein zeigt, wie abstrus und vermessen die Behauptung des Jagdverbandes ist, durch die Jagd auf Füchse Krankheiten eindämmen zu wollen.

Andererseits zeigen viele deutsche Nationalparks, die ohne die Bejagung von Füchsen und anderen Beutegreifern auskommen, dass weder die Bestände zunehmen, noch, dass sie von Krankheiten dahingerafft werden. Das Gleiche gilt für den Kanton Genf seit 1974 und für Luxemburg seit 2015.


Fotos: M. Fuchs, Pixabay.com