JAGDSCHEIN – das Märchen vom „Grünen Abitur“

JAGDSCHEIN – das Märchen vom „Grünen Abitur“

Mai 29, 2020 Aus Von mfsimba

Jäger töten in Deutschland jedes Jahr mehr als fünf Millionen Wildtiere sowie schätzungsweise 350.000 Katzen und tausende Hunde. In nur wenigen Wochen können Privatpersonen den Jagdschein (das „Grüne Abitur“) absolvieren und als Freizeitbeschäftigung völlig legal auf wehrlose Mitgeschöpfe schießen. Den über 380.000 Hobbyjägern in Deutschland stehen gerade einmal 1.000 Berufsjäger, überwiegend Forstbeamte, gegenüber.

Karikatur: Bruno Haberzettl

Jäger behaupten immer, sie wären die alleinigen „Experten“ für Wildtiere und Naturschutz, hätten einzig das „Fachwissen“, da nur sie über das sog. „Grüne Abitur“ verfügen.

Schauen wir uns diese „Jägerausbildung“ einmal genauer an. Ab 16 Jahren kann sich jeder dafür anmelden, nach oben gibt es keine Altersbeschränkung. Lediglich ein eintragsfreies polizeiliches Führungszeugnis ist Pflicht. Irgend eine Vorbildung zur Erlangung des Jagdscheins ist ansonsten nicht erforderlich. Nichtmal ein Schulbabschluß ist Vorraussetzung.
Viele der Jagdscheinanwärter haben zuvor kaum einen Bezug zum künftigen Betätigungsfeld.

Die Jagdausbildung ist heute schon in einem Zwei-Wochen-Kurs zu haben, mitunter wird sogar eine Bestehensgarantie angepriessen. Ausbildungen belaufen sich auf 120 bis max. 180 Ausbildungsstunden. In den Kursen der Kreisjägerschaften, die zwar etliche Wochen dauern, erhöht sich die Stundenzahl deswegen aber nicht.

Der bei weitem überwiegende Lehrstoff entfällt auf die Fächer Waffenrecht, Jagdrecht, Waffenhandhabung, Jagdhunde, Jagdmethoden, Brauchtum, „Hege“ zur späteren Tiernutzung oder Ähnliches.

Die eigentlichen naturschutz-ökologischen und wildtierbiologischen Lehreinheiten werden in der Regel auf deutlich unter ein Drittel der Gesamtlehrstunden zusammenreduziert.
Dies reicht gerade, um die Tiere, die man bejagen will, in einer Art grobem Steckbrief – vergleichbar mit aufbereitetem Laienwissen aus Apothekenheftchen – abzuhandeln.

Elementare biologische Grundkenntnisse, die erforderlich wären, um die komplexen Zusammenhänge in Flora und Fauna zu verstehen, bleiben den Jagdscheinprobanten weitestgehend unbekannt. Es fehlt in diesem Hobbymilieu jegliches erforderliche Wissen über Wildtiere, deren Sozialökologie, Interaktion, Ethologie, Populationsbiologie und so weiter.

Die Prüfungsfragen werden im Multiple-Choice-Verfahren abgehandelt. Aus einem Gesamtfragenkatalog, der sich mitsamt der Antworten überall im Netz herunter laden lässt, werden die einzelnen Befragungen zusammengestellt. Einiges ist mündlich zu beantworten. Es wird sogar berichtet, dass auch mündlich durchgefallenen Jagdscheinprüflingen dennoch ein „Sachkundenachweis Naturschutz“ attestiert wurde.
Auch die vermittelte Schießfertigkeit ist oftmals nicht ausreichend, um danach in jeder Lage wirklich ziel- und treffsicher ein Tier sofort tödlich zu treffen.

Fortbildungen sind in allen Bereichen freiwillig. So wird u.a. angeboten: Fallenjagdlehrgänge, Lehrgänge wie man Füchse im Bau bejagt, wie man Tiere anlockt, Krähenjagdseminare, Hochsitzbau. Allessamt Bereiche, die mit dem direkten Bejagen und Töten von Tieren zusammen hängen. Fortbildungsangebote über Wildbiologie, Arten- oder Naturschutz finden sich seltenst bis nie.

Halten wir fest: Der Jagdschein reicht zum freizeitlichen oft qualvollen Tiertöten.
Und zur Erlangung einer beeindruckenden Arroganz gegenüber dem Leben der Anderen.

In seinem Buch: Jäger wohin? schreibt der Jäger Bruno Hespeler über die Ausbildung der Jäger folgendes: “Denken wir einmal darüber nach, wessen Wissen wir- wenn auch nur auf Teilgebieten – für uns in Anspruch nehmen: Zoologen, Biologen, Ökologen, Veterinärmediziner, Dipl.-Forstwirte, Dipl.-Landwirte, Tierpfleger, Juristen und Büchsenmacher. Für jeden dieser Berufe ist eine Ausbildungszeit zwischen sechs und zehn Jahren erforderlich. Land- und Waldbau etwa wird aber in vielen Jungjägerkursen – zwangsläufig – an vier, fünf Abenden plus einer Waldwanderung abgehandelt……Insgesamt ist der Unterricht ohnehin auf die wahrscheinlichsten Prüfungsfragen, nicht auf fundiertes Grundwissen ausgerichtet.”

UND DANN LÄSST MAN SIE LOS, DIE NUR AN MACHT UND TÖTUNG INTERESSIERTEN HOBBYJÄGER, AUF WEHRLOSE WILDTIERE UND DIE NATUR!