Der erfundene Jägerheilige

Der erfundene Jägerheilige

November 3, 2025 Aus Von mfsimba

Wie die Kirche aus Hubertus einen „Patron der Jagd“ machte

Die Kirche hat ein bemerkenswertes Talent: Aus Legenden werden Wahrheiten, aus Märchen Moral, und aus einem Bischof – ein Schutzheiliger der Jäger. Der sogenannte „Heilige Hubertus“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie sich religiöse Erzählungen über Jahrhunderte zu PR-Märchen verfestigen.

Denn historisch gesehen war Hubertus von Lüttich nie ein Schutzpatron der Jagd. Der Mann war Bischof, nicht Waidmann. Er hat keine Jagd verherrlicht, keine Trophäen gesegnet, und ganz sicher keine Hirsche mit leuchtendem Kreuz zwischen dem Geweih gesehen. Diese Szene, die in zahllosen Kirchenfenstern und Jagdzimmern dargestellt ist, wurde erst Jahrhunderte nach seinem Tod erfunden – wahrscheinlich von Mönchen, die das Heidentum mit christlichen Geschichten übertünchen wollten.

Die Figur des Hubertus war ursprünglich Teil einer Bekehrungslegende: Ein Jäger trifft in der Wildnis auf ein göttliches Zeichen, erkennt die Sünde der Maßlosigkeit und wendet sich dem Glauben zu. Ein gutes Gleichnis – aber kein Freibrief für die Jagd. Trotzdem machte die Kirche daraus ein bequemes Symbol: den „Heiligen der Jäger“. Ein Heiliger, der das Töten von Tieren adelt und den Schuss mit einer Segnung versieht.

So entstand über die Jahrhunderte ein massentauglicher Mythos: Hubertus, der Heilige mit Horn und Hund, das christliche Feigenblatt für ein altes, tief heidnisches Ritual. In Wahrheit diente die „Hubertuslegende“ eher dazu, die Jagdtraditionen des Adels zu christianisieren – also Macht mit Moral zu tarnen.

Wer heute Hubertusmessen feiert, ehrt also keine historische Figur, sondern ein kirchliches Konstrukt. Die Kirche hat aus einem Bischof einen Jäger gemacht, aus einer Mahnung eine Verklärung. Und das nennt man dann Glaubenstradition.


Hinweis: Dieser Text stellt eine persönliche Meinungsäußerung im Sinne von Art. 5 GG dar. Er basiert auf historischen Quellen und religionsgeschichtlicher Forschung, erhebt aber keinen Anspruch auf theologische Verbindlichkeit. Keine kirchliche oder juristische Beratung.

© 2025 Mirko Fuchs
Foto: KI-generiert