April 17, 2025Das Osterfeuer gehört in vielen Regionen Deutschlands zu den festen Osterbräuchen. Es soll symbolisch den Winter vertreiben und den Frühling willkommen heißen. Für viele Menschen ist es ein geselliges Ereignis, bei dem man sich in Gruppen trifft, um gemeinsam das Feuer zu entzünden und zu feiern. Doch hinter der romantischen Kulisse der lodernden Flammen verbirgt sich eine oft übersehene Schattenseite: Das Osterfeuer ist eine ernste Gefahr für viele wildlebende Tiere.
Die Holz- und Reisighaufen, die für das Osterfeuer gesammelt und aufgeschichtet werden, bestehen häufig aus Ästen, Zweigen und Gartenabfällen. Sie werden oft schon Tage oder sogar Wochen vor dem eigentlichen Abbrennen aufgebaut. Für viele kleine Tiere wirken diese Haufen wie ein idealer Rückzugsort. Igel, Mäuse, Kaninchen, Amphibien wie Kröten und Frösche, Eidechsen und sogar einige Vogelarten nutzen solche Unterschlüpfe zum Übernachten, zur Nistplatzsuche oder zur Vorbereitung auf die Fortpflanzung. Gerade der Frühling ist eine Zeit, in der viele Tiere aktiv nach geschützten Orten suchen. Sie finden in den scheinbar ruhigen, naturbelassenen Holzstapeln einen geeigneten Platz – und merken nicht, dass sie sich mitten in einer tödlichen Falle befinden.
Wenn das Osterfeuer schließlich entzündet wird, bedeutet das für die Tiere meist den sicheren Tod. Die Flammen breiten sich schnell aus, und selbst wenn die Tiere die Hitze oder den Rauch rechtzeitig bemerken, ist der Weg nach draußen oft versperrt. Die Tiere geraten in Panik, flüchten in die falsche Richtung oder sind schlichtweg zu langsam. Besonders nachtaktive Tiere, die sich tagsüber im Inneren des Holzhaufens verstecken, werden beim nächtlichen Entzünden überrascht. Eine Flucht ist unter diesen Bedingungen nahezu unmöglich.
Auch für Haustiere kann ein Osterfeuer zur Gefahr werden. Katzen oder freilaufende Kaninchen, die sich in der Nähe aufhalten oder aus Angst Zuflucht in einem Holzhaufen gesucht haben, könnten ebenfalls Opfer der Flammen werden. Zudem besteht eine allgemeine Brandgefahr: Bei trockener Witterung können Funkenflug und starke Hitzeentwicklung umliegende Flächen in Brand setzen. Das betrifft nicht nur Wälder und Wiesen, sondern auch angrenzende Grundstücke oder Gebäude.
Angesichts dieser negativen Auswirkungen wird zunehmend Kritik an diesem Brauch laut. Viele Tierschutz- und Umweltorganisationen fordern entweder ein vollständiges Verbot der Osterfeuer oder zumindest strengere Auflagen. Eine oft empfohlene Maßnahme ist es, den Holzhaufen erst kurz vor dem Anzünden aufzuschichten, sodass Tiere keine Gelegenheit haben, sich darin niederzulassen. Eine weitere Möglichkeit ist, den Stapel unmittelbar vor dem Abbrennen gründlich umzuschichten oder zu kontrollieren, um eventuell darin befindliche Tiere zu vertreiben. Doch diese Maßnahmen sind aufwendig, werden nicht immer zuverlässig durchgeführt und reichen oft nicht aus, um alle Tiere zu retten.
Trotz der vielen Warnungen wird das Ausmaß der Problematik häufig unterschätzt oder ignoriert. Die Tradition wird höher gewertet als das Leben zahlloser kleiner Lebewesen, deren Existenz durch das Feuer sinnlos ausgelöscht wird. Es ist daher wichtig, ein Bewusstsein für die Schattenseiten des Osterfeuers zu schaffen. Nur wenn die Öffentlichkeit über die Risiken aufgeklärt ist, kann ein Umdenken stattfinden.
Das Osterfeuer mag ein althergebrachter Brauch sein, doch angesichts der heutigen Umweltlage und des wachsenden Bewusstseins für den Tierschutz stellt sich die Frage, ob es nicht zeitgemäßere und tierfreundlichere Wege gibt, den Frühling zu feiern. Vielleicht ist es an der Zeit, alte Traditionen kritisch zu hinterfragen und neue Wege zu finden, die nicht auf Kosten der Natur und ihrer Bewohner gehen. Ein verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt beginnt oft mit kleinen, aber bedeutungsvollen Entscheidungen – wie dem Verzicht auf ein Osterfeuer.
Mirko Fuchs [...]