Der Badeweiher
Geschichte des Badeweihers in Simmersbach
Am Ortsausgang Richtung Streitwasser befand sich ehemals ein Schafpfuhl. Hier wurden die Schafe vor der Schur gewaschen. Bei dieser Veranstaltung stiegen die jungen Männer in alter Kleidung ins Wasser und jeweils zwei Mann wuschen zusammen ein Tier bis die Herde durch war. Die Dorfjugend und auch ältere Menschen nahmen als Zuschauer an diesem Schauspiel teil.
Oberhalb des Schafpfuhls begann der „Kuhweg“, das heißt der Weg und Gelände, auf dem der Kuhhirte mittags die Herde zur Weide führte. Unmittelbar unterhalb des Schafpfuhls bis zum Grundstück „Schneider“ befand sich ein Talstückmit seitlich aufsteigenden Böschungen von ca. 3-4 Metern Höhe.Anfangs der 30er Jahre wurde durch die Gemeinde an der unteren Grenze dieses Geländes mit dem Bau eines Erddammes begonnen, um hier einen Brandweiher anzulegen, damit für den Ort ausreichend Löschwasser zur Verfügung gehalten werden konnte. Bis zu dieser Zeit vergnügten sich die Kinder im Sommer im Schafpfuhl wobei gesagt werden muss, dass das Wasser wegen des unbefestigten Bodens durch den darin befindlichen Schlamm stark verunreinigt war.
Der neue „Brandweiher“, zunächst ca. 50 Meter lang, war zuerst auch unbefestigt, wurde aber trotzdem zu Badezwecken benutzt. Schon Schulkinder erhielten von der damaligen Lehrerin Fräulein Möller Schwimmunterricht. Hierfür benutzte sie eine „Schwimmangel“. Einen breiten Ledergurt der umgelegt wurde und an einer langen Leine befestigt war, die wiederum an einer Holzstange hing und so den Ausdruck „Angel“ rechtfertigte. Das Volumen des Brandweihers wurde seitens der Gemeinde vergrößert und gleichzeitig Boden und Seitenwände mit Diabas Pflaster ausgelegt. Das Steinmaterial wurde von den Bewohnern mit Kuhfuhrwerken in „Hand- und Spanndienst“ aus dem Steinbruch herangefahren. Die gesamte Dorfjugend beteiligte sich an der Herrichtung der Anlage. Es standen keinerlei Maschinen zur Verfügung und alle Arbeiten mussten von Hand ausgeführt werden. Hierzu zählten vor allem die Außenanalagen. Es wurden Rasenbeete angelegt. Die von niemand betreten wurden, Sitzbänke aufgestellt und eine Einfriedung aus einem Lattenzaun errichtet. So war der Weiher auch nach außen hin abgesichert. Durch die Steinpflasterung wurde natürlich die Wasserqualität erheblich verbessert und aus dem „Brandweiher“ wurde der „Badeweiher“.
Alle Einwohner, einschließlich der Kinder, waren stolz darauf, einen solch schönen Badeweiher zu besitzen, was zur damaligen Zeit in dieser Gegend einmalig war. Der Verschönerungsverein übernahm die Pflege und Wartung der Anlagen. Hier muss der Name von Alfred Reh (Hobs) genannt werden, der über die pflegliche Unterhaltung der Anlage wachte und der sich große Verdienste um den Badeweiher erworben hat. Er war der „Chef“. Es wurden dann ein schönes Holzhaus mit Umkleidekabinen, sowie ein hölzerner Sprungturm (1 und 3 Meterbrett“ gebaut. Aus den umliegenden Ortschaften Eibelshausen, Eiershausen und besonders aus Hirzenhain kamen die Kinder und Jugendlichen nach Simmersbach zum Baden.
Nach dem Ende des Krieges wurde von der Jugend eine neue Umzäunung aus einem Lattenzaun hergestellt. Die Gemeinde stellte das Holz zur Verfügung, welches von den jungen Burschen selbst eingeschlagen wurde. Gleichzeitig wurde entlang des Grundstückes „Klein“ eine neue Böschung angelegt, die der gesamten Anlage ein wunderschönes Aussehen gab.
Angesichts dieser vorhandenen Badeanlage wurde von den damaligen Fremdenverkehrsbetrieben (Gaststätten und mehreren Pensionen) mit Erfolg in Ihren Prospekten und Annoncen geworben. Es wurden zur weiteren Verbesserung des Beckens sogar Beihilfen vom Land Hessen und Kreis Biedenkopf gezahlt (Landes-Fremdenverkehrsverbund 6000,– DM u. Kreis 2000,– DM). Die Buderus’schen Eisenwerke stellten eine Sachspende von 200 Sack Zement zur Verfügung.
Da die Jugend so viel Einsatz in dieser Anlage investiert hatte, betrachtete sie dieselbe natürlich als „ihr Werk“ und Beschädigungen oder gar Zerstörungen daran waren undenkbar, im Gegenteil, ein jeder achtete darauf, dass alles in Ordnung blieb. Dank dieser Anlage konnten fast alle Kinder des Dorfes schon frühzeitig schwimmen.
Das ging alles solange gut, bis im Schwimmbad in Frechenhausen in der 60er Jahren ein Kind aus Lixfeld beinahe ums Leben gekommen wäre. Daraufhin erließ der Landrat des Kreises Biedenkopf eine Verfügung, diese Art der Schwimmbäder zu schließen, oder die Becken so weit aufzufüllen, dass die Wassertiefe nur noch 1 Meter betragen sollte. Das wurde von der Gemeinde Simmersbach abgelehnt mit dem Hinweis darauf, dass der Ort nicht auf diese Löschwasserreserve verzichten könne. Offiziell wurde auf Grund der landratlichen Verfügung dann das Baden untersagt. Die Bürger konnten und wollten das Verbot nicht nachvollziehen, da sie selbst die Anlage in mühevoller Arbeit und Fleiß hergestellt hatten. Man ging trotz des Verbotes weiterhin baden!
Im Laufe der Jahre hat sich allerdings vieles geändert. Während alle Personen die jemals an der Schaffung oder Unterhaltung der Anlage mitgewirkt hatten eine innere Verantwortung zur weiteren Unterhaltung verspürten, ist dieses bei den Jugendlichen der Nachkriegsgeneration nicht mehr der Fall. Mit Bestürzung mussten die „Alten“ sehen, wie die Jugend die Außenanlagen demolierten, die Sitzbänke zerstörten, die Latten des Zaunes bei nächtlich Lagerfeuern verbrannten und mit Motorädern die Grasfläche niederfuhren.
Von Heinrich Geil am 3. Juli 1994