Drückjagd in der Hirschbrunft
Ein fragwürdiges Vorgehen gegen Natur und Tierwohl
Die Drückjagd, eine Form der Treibjagd, hat unter Jägern in Deutschland eine lange Tradition und findet oft in den Monaten des Herbstes und Winters statt. Dabei werden Wildtiere durch Treiber oder Hunde in Bewegung gesetzt, um den Jägern vor die Flinte zu laufen. Besonders umstritten ist diese Jagdform jedoch in der Hirschbrunftzeit. Gerade in dieser Phase, in der die Hirsche sich zur Paarung versammeln, gibt es zahlreiche ethische und ökologische Bedenken. Warum also wird eine solche Jagd in der Brunftzeit zugelassen?
Es ist ein Eingriff in das natürliche Verhalten! Die Hirschbrunft ist eine besonders sensible Zeit im natürlichen Zyklus dieser majestätischen Tiere. Die Hirsche investieren enorm viel Energie in Kämpfe und die Paarung, um ihren Fortbestand zu sichern. Drückjagden, die in dieser Zeit durchgeführt werden, stören dieses natürliche Verhalten massiv. Die Tiere werden in einem Moment der Schwächung und Erschöpfung regelrecht überrumpelt. Statt sich auf die Fortpflanzung zu konzentrieren, müssen sie vor den Jägern flüchten – ein Eingriff, der nicht nur unnatürlich, sondern auch grausam ist.
Stress und Tierleid, da die Brunftzeit ohnehin schon eine physisch wie psychisch belastende Phase für die Hirsche. Durch die Drückjagd wird dieser Stress noch weiter verstärkt. Oft wird argumentiert, dass die Tiere schnell und schmerzlos erlegt werden. Doch die Realität sieht anders aus: Viele Tiere werden nur angeschossen und erleiden qualvolle Verletzungen, bevor sie – wenn überhaupt – nach stundenlanger Suche erlöst werden. Besonders in der Brunft, wo die Tiere geschwächt und nicht in vollem Besitz ihrer Kräfte sind, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie in Panik flüchten und dabei schwer verwundet werden.
Das Ziel einer nachhaltigen Jagd sollte es sein, die Wildbestände zu regulieren, ohne das ökologische Gleichgewicht zu stören. Doch Drückjagden in der Brunftzeit tragen zur Destabilisierung des Wildbestandes bei. Die stärksten und erfahrensten Hirsche, die eigentlich für die Fortpflanzung essenziell sind, werden in dieser Zeit oft erlegt. Damit geht nicht nur wertvolles genetisches Material verloren, sondern auch das natürliche soziale Gefüge der Hirschpopulation wird gestört. Jüngere und weniger dominante Tiere, die unter normalen Umständen wenig Chancen hätten, kommen zum Zuge und können langfristig negative Auswirkungen auf die Bestände haben.
Ein weiteres zentrales Problem ist die Jagdethik. Die Drückjagd in der Brunft ist ein Angriff auf die Prinzipien der waidgerechten Jagd. Die Tiere haben in dieser Phase kaum eine Chance, sich dem Zugriff der Jäger zu entziehen. Die Jagd auf ein geschwächtes, von der Natur vorgezeichnetes Tier wirkt nicht nur unsportlich, sondern auch rücksichtslos. Selbst viele passionierte Jäger sehen diese Praxis kritisch und sprechen sich gegen Drückjagden während der Hirschbrunft aus, da sie nicht im Einklang mit einer fairen und respektvollen Jagd stehen.
Die gesellschaftliche Akzeptanz der Jagd steht zunehmend auf dem Prüfstand, und der Ruf der Jägerschaft leidet unter Praktiken wie der Drückjagd während der Hirschbrunft. Das Bild vom verantwortungsbewussten, naturverbundenen Jäger wird durch solche Maßnahmen zunehmend in Frage gestellt. Der Widerstand in der Bevölkerung wächst, und nicht selten finden sich kritische Stimmen, die den Sinn solcher Jagdformen grundsätzlich in Zweifel ziehen. Der emotionale Schaden für die Bevölkerung, die sich mit der Tierwelt und dem Naturschutz identifiziert, ist immens.
Abschließend kann man sagen, dass die Drückjagd in der Hirschbrunft weder aus ethischer, ökologischer noch aus jagdlichen Gesichtspunkten zu rechtfertigen ist. Sie stört das natürliche Verhalten der Tiere, verursacht unermesslichen Stress und Leid und trägt zur Destabilisierung des Wildbestandes bei. Darüber hinaus stellt sie das Bild einer verantwortungsbewussten und nachhaltigen Jagd in Frage. Wenn die Jagd in Deutschland langfristig akzeptiert und respektiert bleiben soll, muss sie an die ethischen und ökologischen Anforderungen unserer Zeit angepasst werden. Die Drückjagd während der Hirschbrunft hat in einer modernen und umweltbewussten Gesellschaft keinen Platz.
Fotos: M. Fuchs